Heike Heinemann (Deutschland)
Ich bin 40 Jahre alt, verheiratet, habe eine 11-jährige Tochter und bin seit 2 Jahren im Schuldienst. Physik, Deutsch und Chemie habe ich für das Lehramt an Hauptschulen studiert – nun unterrichte ich Physik, Deutsch, Arbeit und Wirtschaft, Chemie, Biologie und Mathematik.
Einen langen Weg habe ich hinter mir, um nach 15 Jahren wieder in die Schule zu gehen. Nach meinem Realschulabschluss absolvierte ich zunächst eine Lehre als Mess- und Regelmechanikerin. Dieses Berufsfeld ist sehr weit gesteckt, die auszuführenden Tätigkeiten umfassen Schlosser-, Elektriker- und Elektronikarbeiten. Während der Lehrzeit und auch im späteren Berufsleben begegneten mir nur sehr wenige junge Frauen in gleichen oder ähnlichen Berufen.
Nach der Geburt meiner Tochter habe ich mich zu drei Jahren Erziehungsurlaub entschlossen. Danach wieder in den erlernten Beruf einzusteigen, kam für mich aus verschiedenen Gründen nicht mehr in Frage. Ich hätte nicht in Teilzeit arbeiten können, Aufstiegschancen gab es für mich im alten Betrieb nicht und wir sind zwischenzeitlich 50 km weiter in den Süden gezogen. Dazu muss ich noch sagen, dass ich meinen erlernten Beruf nur in großen Industriebetrieben, wie sie in Hamburg oder Hannover angesiedelt sind, ausüben kann.
Nach etlichen Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Lehrern stand für mich fest, dass ich über den zweiten Bildungsweg das Lehramtsstudium an der Universität Lüneburg aufnehmen werde. Die Fächerwahl fiel mir nicht schwer. Mein Interesse an den Naturwissenschaften führte mich zur Physik und Chemie. Als Langfach habe ich Deutsch gewählt, diese Kombination ist eher selten, aber Mathematik, die sich idealerweise anbieten würde, beinhaltet für mich schon die Physik.
Nach dem Studium und der 2. Ausbildungsphase habe ich nur ein halbes Jahr auf meine Anstellung im Schuldienst warten müssen. Ich bekam eine neu zusammengesetzte achte Klasse. In meiner Schule ist es so üblich, dass Klassenlehrer/innen möglichst viel Unterricht in der eigenen Klasse haben. Das ist sehr positiv in Bezug auf die Arbeit mit und in der Klasse. In den ersten Schulwochen geht es hauptsächlich darum, die Klassengemeinschaft aufzubauen und den sozialen Umgang miteinander einzuüben. Das Unterrichten ist anfangs mit sehr viel Vorbereitung verbunden. So gilt es Inhalte herauszusuchen, Material und Literatur zu beschaffen und Experimente auszuwählen, die vor dem eigentlichen Unterricht auch ausprobiert werden müssen.
In allen Fächern bemühe ich mich, Inhalte aus dem Umfeld der Schüler/innen auszuwählen. Das ist für mich vor allem in Physik und Chemie wichtig, weil Jungen und Mädchen zum Teil sehr unterschiedliches Vorwissen haben. Die Mädchenförderung in diesen Fächern ist ein persönliches Anliegen von mir. So untersuchen wir beispielsweise in der Chemie, was eigentlich in einer Kerze brennt, warum Rostschutz wichtig ist oder wie Rohrreiniger zusammengesetzt ist. In der Physik messen wir zum Beispiel die Geschwindigkeiten von fahrenden Autos, Fahrradfahrern und Fußgängern. In den Physikraum zurückgekehrt, beginnt anschließend die Theorie dazu, indem diese Geschwindigkeiten zunächst grafisch festgehalten und miteinander verglichen werden.
Werde ich heute gefragt, ob meine Arbeit Spaß macht, antworte ich mit einem lauten „Ja“. Ich gehe jeden Tag gerne in die Schule. Jeder Tag gestaltet sich neu und fordert mich immer wieder anders heraus. Die Arbeit und Zusammenarbeit mit den Schüler/innen ist mitunter anstrengend, jedoch andererseits erfreulich und anregend.